Ich schätze mal, dass wir uns kennen, oder? Also, wahrscheinlich muss ich mich gar nicht vorstellen, denn du weißt ja schon, dass ich ein Buchling bin, ein äußerst liebenswerter Zyklop, der mit, von und aus Büchern lebt.
Woher ich komme? Also, ich war schon immer da. Zumindest seit ungefähr einem Jahr, und da bin ich mit schlafwandlerischem Instinkt direkt in den Nachtschulstollen in den Finsterbergen Zamoniens geraten. Seitdem bin ich Schülerin der Nachtschule (bekannt aus den großartigen Büchern von Walter Moers) und setzte mich mit anderen liebenswürdigen, skurrilen, kreativen oder unterschwellig grausamen Daseinsformen sowohl zusammen als auch auseinander (die letztgenannten sind überwiegend Stollentrolle). Ich habe gelernt Bimmels Hutzengesöff zu genießen, Pommes für Rumpel zu braten, Sora, Quas und all den anderen Wolpis das Fell zu flauschen bzw. Käpie ihre Plüschohren zu streicheln, die Nase vor herannahenden Schweinsbarbaren zu verschließen, auf Schreckser zu fliegen, Gedichte zu dichten, Schokolade ohne Reue zu genießen, Minus' Komplimenten fast zu widerstehen sowie alle Toffen, Hempel, Trolle, Tratschwellen, Maden und Rettungssaurier und artgenossische Buchlinge schrecklich gern zu haben.
Wie ich aussehe?
Meine rotbraune Haut schimmert stellenweise mit einem warmen Kupferton. Schön zugenommen habe ich auch schon, mein Körper sieht rund und appetitlich aus wie eine kakaogepuderte Marzipankartoffel aus Florinth.
Auch mein Auge ist hübsch: Groß und rund, braun mit goldenen Sprenkeln. Mein Mund ist eigentlich auch nicht schlecht. Schön groß und breit. Ich kann damit lächeln, schmollen, ihn spitzen, schürzen oder ihn verziehen.
Sogar meine Nase ist niedlich, zwei vorwitzige Höckerchen mit kleinen, sommerprossigen Flecken. Ja, eigentlich sehe ich gar nicht so übel aus.
Du willst wissen, warum ich Kubah Libri heiße? Tja, dann lies hier
die Wahrheit über meinen Namen....
Wie ihr wisst, trägt jeder Buchling den Namen eines Autors, das ist bei mir nicht anders. Ich trage den Künstlernamen eines Yhôllers namens Hubertus Freiherr von W. (den vollen Namen behalte ich aus Rücksicht auf eine angesehene, oberfränkische Adelsfamilie lieber für mich).
Hubertus, Freiherr von W., der seine Kindheit mit Klavierspiele, Reiten und Tontaubenschießen verbrachte (in keiner dieser Disziplinen war er besonders begabt) und seine Schulzeit auf einem Internat am Bodensee beendete, las gerne. Er las bevorzugt gewisse Hochglanz-Herrenmagazine, natürlich wegen der interessanten Artikel und Interviews. Als Hubertuis 46 Jahre alt war, überredete seine Mutter (Mechthild Freifrau von W.) ihren Sohn, endlich einmal etwas sinnvollles zu tun und so beschloss er, ein Buch zu schreiben. Da er neben der besagten Herrenmagazine nur ein einziges Buch ganz durchgelesen hatte, entschied er sich, eine Biographie über den Autor eben jenes Buches zu verfassen: Earnest Hemmingway. Er nannte das Buch „Das Leben und Sterben des E. Hemmingway“, es wurde 168 Seiten lang und war.... naja..., nun,... nicht besonders... also... weniger gut geschrieben.
Hubertus ließ seine Beziehungen und eine fünfstellige Summe spielen, um einen Verlag für das Buch zu finden. Ein talentierter junger Anwalt (mit einem Sinn für Humor?) aus der Familienkanzlei der von W´s überredete ihn, einen Künstlernamen zu verwenden, der gleichzeitig einen Zusammenhang mit der alkoholischen Vorliebe des Protagonisten herstellte: Ein Anagramm der Vornahmen (Hubertus Adalbert Berthold Ulrich Konrad für K.U.B.A.H. und „Libre“ in Anlehnung an „Freiherr“ (Ich habe mir die Freiheit erlaubt, es in ein „i“ am Ende umzuwandeln, das fühlt sich behaglicher an).
Das Buch wurde nicht unbedingt ein Bestseller. Genau genommen ging es 25 Mal über den Tresen. Angeblich hat Freifrau von W. sämtliche 25 Exemplare selbst gekauft. Das Herrenmagazin hat leider keinen interessanten Artikel darüber veröffentlicht und Hubertus von W. schießt heute lieber wieder Tontauben.
Also nennt mich gerne weiter „Colamix“, ich habe ein dickes Fell und kann das ab. Außerdem kann das Zeug nicht so schlecht sein, es steht immerhin auf der Getränkekarte jeder noch so kleinen Kaschemme. Ich selbst würde übrigens einen Captain Morgans T. bevorzugen (schon weil ein Pirat auf dem Etikett abgebildet ist), gerne mit einem Schuß 43´er Likör und (um die Leidenschaft zu steigern) Saft aus der Passionsfrucht.